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Menschlich und solidarisch

Wissenswertes aus Klein Kölzig

Erinnerungen an Zwangsarbeiter in Groß/Klein Kölzig

von Kurt Noack † | Quelle siehe Angaben im Absatz

Freundschaftliche Kontakte

Alle polnischen Kriegsgefangenen des ehemaligen Lagers Klein Kölzig erhielten im Sommer 1940 den Status von Zivilarbeitern. Sie konnten unter anderem in Handwerksberufen arbeiten, durften sich frei bewegen, bekamen Lohn und bis zu zwei Wochen Urlaub für den Aufenthalt bei ihren Familien oder bei besonderen Ereignissen zusätzliche Tage. Es war zu hören, dass manche nicht zurückkamen.
Der ehemalige polnische Kriegsgefangene Alfons Polcyn, 1914 geboren, lebte und arbeitete bis zu seinem Tod 1979 bei der Kölziger Gastwirtsfamilie Rattei.
Jupp Orlowski arbeitete beim Stellmacher Hendrischke, Wladislaw Sikorski bei Schneider Westhäuser, Julius Martinski mit seinem Bruder beim Fleischer Richter, Bernhard Dubilski beim Maler Kossack und der aus Bromberg stammende Wazlaw Habant beim Schuhmacher Förster, mit dessen Familie er bis in die letzten Jahre freundschaftliche Kontakte pflegte.
In das kleine Klein Kölziger Lager zogen 1940 etwa 80 Franzosen ein, im Herbst 1943 auch internierte italienische Soldaten. Die Gefangenen arbeiteten hauptsächlich in den Glashütten oder der Grube „Conrad“.
Die Grube und das Sägewerk in Groß Kölzig errichteten Baracken am Bahnhof Kölzig und auf dem Gelände der ehemaligen Döberner Grube „Providentia“.
Die Gefangenen bewegten sich über die Jahre ohne jegliche Bewachung zur Arbeitsstelle und zurück.
Ich erinnere mich an ein Fußballspiel, das wir Jungen zwischen Franzosen und Jugoslawen auf dem Kölziger Sportplatz 1943 mit der Duldung unserer Lehrer arrangiert haben.

Quelle: „Lausitzer Rundschau“ v. 20.03.2004

24 Stunden hintereinander Ruhe

Die Franzosen erhielten zusätzliche Versorgung über das Rote Kreuz oder von zu Hause. Die Klein Kölziger Kinder kamen so in der Zeit des Mangels in den Genuss französischer Schokolade.
In die Gunst der Postsendungen kamen damals auch deutsche Kriegsgefangene, wenn dem Forster Tageblatt vom 20./21.09.1941 geglaubt werden darf. Die Franzosen trugen immer ihre sauberen Uniformen. Für die Kriegsgefangenen galt, dass sie alle Arbeiten durchführen, die auch deutsche Arbeiter leisteten., wenn sie körperlich dazu in der Lage waren und sie hatten Anspruch auf wöchentlich 24 zusammenhängende Stunden Ruhe. Es wurde den Grundsatz der Erhaltung der Arbeitskraft gefolgt.
Der Döberner Franz Welz erfuhr in der DDR- Zeit Ehrung für menschlich- couragierte Haltung Zwangsarbeitern gegenüber.

Ukrainische und polnische Zwangsarbeiter auf dem Klein Kölziger Gut um 1943 | Foto: unbekannt

1941/42 kamen 17 Frauen und Mädchen aus den vorübergehend in deutsche Hand geratenen sowjetischen Gebieten nach Groß und Klein Kölzig. Durch den langen Transport befanden sie sich vielfach in beklagenswertem Zustand. Sie wurden menschlich aufgenommen und arbeiteten danach bei Bauern und auf dem Gut. Die Bauernfamilien sorgten sich um sie. In Groß Kölzig befanden sich zivilverschleppte russische Männer. Wir Junge im Dorf kannten sie, manchmal auch beim Namen und hatten eigentlich mit allen guten Umgang.
Ich erinnere mich, einmal Brot gegen Fahrradbereifung getauscht zu haben.

Quelle: „Lausitzer Rundschau“ v. 20.03.2004

Für die Babys wurde gesorgt

Entgegen den Vorschriften wurde vielfach an einem Tisch gegessen. So in der Bauernfamilie des Großvaters meiner Frau, Bürgermeister in Jethe und in der Familie meiner Frau. Es gab schwangere Zwangsarbeiterinnen die die Fürsorge der Bauersfrauen erfuhren. Für die Babys der Arbeiterinnen wurde gesorgt.
In einem Falle kam der Pole eines Ortsbauernführers als Vater infrage. Er blieb aber unbehelligt.
In den Tagen des Monats April 1945 konnten sich Kölziger Familien auf ihre ehemaligen Zwangsarbeiter und deren Hilfe verlassen, doch allzu viel Nachsicht erfuhren auch die Zwangsarbeiter bei den russischen Soldaten nicht.

Lausitzer Rundschau, vom 20.03.2004

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